Bonhoeffers Traupredigt: Von einem Inhaftierten für die Ehe lernen

Bonhoeffer Traupredigt für ein Hochzeitspaar
Bonhoeffer sagt in der Traupredigt: Die Ehe trägt die Liebe – nicht umgekehrt. Foto von Wedding Dreamz auf Unsplash

Dietrich Bonhoeffer sitzt im Mai 1943 in einem Berliner Knast. Ein skurriler Ort, um eine Predigt schreiben. Erst recht, da es sich um die Predigt für eine Hochzeit handelt, die er für Freunde verfasst. Halten kann sie der bekannte evangelische Theologe und Widerständler gegen den Nationalsozialismus nicht, weil er hinter Gittern sitzt. Knapp zwei Jahre später werden ihn die Nazis in Flossenbürg ermorden.

Was hat dieser mutige Häftling, der selbst unverheiratet war (allerdings verlobt), heutigen Trauwilligen und Ehepaaren zu sagen? Für uns ist der Spitzensatz von Bonhoeffers Traupredigt dieser: „Nicht eure Liebe trägt die Ehe, sondern von nun an trägt die Ehe eure Liebe.“ Verblüffende Aussage, oder? Sie steht massiv gegen unser modernes Verständnis einer romantischen Liebesbeziehung. Heißt es nicht so oft, wahre Liebe brauche kein „Papier“ (also den Trauschein)? Sie bewähre sich auch ohne dieses Dokument?

Die Ehe hilft der Liebe

Bonhoeffer widerspricht vehement. In dem Abschnitt, der mit unserem Spitzensatz endet, stellt er die Institution Ehe und die Liebe einander gegenüber. Liebe begreift er indivuell: Die Verliebten sehen sich nur noch alleine auf der Welt, sehen ihr eigenes Glück – „eure Liebe gehört auch allein und persönlich“.

Die Ehe dagegen ist laut Bonhoeffer mehr. Als Institution rückt sie ein Paar in die „Kette der Geschlechter“ und in die Verantwortung für die Welt und die Menschen. Sie sei etwas „Überpersönliches“. Er veranschaulicht das mit diesem Gedanken: „Wie die Krone den König macht und nicht schon der Wille zu herrschen, so macht die Ehe und nicht schon eure Liebe zueinander euch zu einem Paar vor Gott und vor den Menschen.“

Aus unserer Sicht im 21. Jahrhundert gilt es neu zu entdecken, dass die Liebe einen Schutzraum braucht – und das ist die Ehe. Unverheiratet zusammenlebende Paare lassen ihre Liebe schneller los. Eine „Wilde Ehe“ ist keine Ehe, wie wir hier aufgeschrieben haben. Der Trauschein und die Institution ermutigen durchzuhalten, wenn die guten Gefühle Urlaub machen. Bonhoeffer hat diesen Aspekt genial formuliert.

Bonhoeffers Traupredigt unterstreicht Verantwortung

Noch etwas zweites nehmen wir aus Bonhoeffers Traupredigt mit. Der Theologe benennt ungewöhnlich radikal die Verantwortung, die Mann und Frau für ihre Ehe haben. Es sei zunächst „ganz und gar menschlicher Wille“, dass sie heiraten – deshalb solle man nicht allzu schnell von Gottes Willen und Führung reden. „Dir, Ehepaar, ist die ganze Verantwortung für das Gelingen eures Vorhabens mit all dem Glück, das eine solche Verantwortung in sich schließt, auferlegt.“

Bonhoeffer will mit der Traupredigt offenbar verhindern, dass man sich in bösen Tagen aus seiner Ehe herausredet – zum Beispiel durch die Idee, die Heirat sei wohl doch nicht Gottes Wille gewesen. Vielmehr dürfe ein Paar immer darauf hoffen, dass Gott die Ehe vor jeder Gefahr schütze.

„Vergebt einander täglich von Herzen“

Zum Schluss wird der inhaftierte Prediger ganz praktisch: „Seid nicht rechthaberisch gegeneinander, urteilt und richtet nicht übereinander, erhebt euch nicht übereinander, schiebt nie einander die Schuld zu, sondern nehmt euch auf, wie ihr seid, und vergebt einander täglich und von Herzen.“ In der Tat: Vergebungsbereitschaft ist einer von sieben Schlüsseln zu einer richtig guten Ehe, was wir in unserem Buch „Das Emma-Prinzip“ ausführlich erklären.

Bonhoeffer spricht in unsere Zeit. Er hat sehr tief über die Ehe gedacht. Für manche von uns vielleicht zu tief, da wir uns ganz einfach ein schöneres Leben wünschen und vielleicht eher gegen die Einsamkeit und für den Sex geheiratet haben. Lernen wir es von dem tapferen Pfarrer in den finstersten Tagen der deutschen Geschichte: „Ehe ist mehr als eure Liebe zueinander.“

Bonhoeffer hat genial erklärt, warum wir allen Grund haben, für den Stand der Ehe dankbar sein. Wer die Predigt nachlesen will, findet sie hier.

 

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