Wie ein gutes Gespräch in der Ehe wieder in Gang kommt
Miteinander Reden – für die einen ist es ein Lebenselixier, die anderen reagieren genervt. Manche denken an das Bonmot „Richtig verheiratet ist man erst, wenn man jedes Wort versteht, das der andere nicht gesagt hat.“ Wenn das alles so kompliziert ist, warum dann große Mühen in die Kommunikation stecken?
Gleichzeitig wissen wir: Ohne Kommunikation geht’s nicht. Nach der Erkenntnis des Psychotherapeuten Paul Watzlawick kommuniziert man ohnehin immer. „Man kann nicht nicht kommunizieren!“, sagte er. Auch unser Schweigen sendet eine Botschaft, das Verharren im Oberflächlichen ebenfalls.
Unsere Argumente für eine bessere Kommunikation sind folgende:
- Das Gespräch schafft tiefere Vertrautheit zwischen zwei Menschen.
- Das Gespräch befriedigt ein wesentliches Grundbedürfnis: gehört und verstanden zu werden.
- Das Gespräch räumt Missverständnisse aus.
- Das Gespräch schafft Intimität – mit positiven Auswirkungen bis hinein ins gemeinsame Sexleben.
Das heißt: Paare, die miteinander im Gespräch sind und bleiben, erleben mehr Glück und Befriedigung als die nebeneinander her Lebenden. Grund genug, die Frage zu stellen: Wie gelingt der Einstieg? Wie verbessern wir unsere Kommunikation?
Das „wesentliche Zwiegespräch“
Vor vielen Jahren stießen wir auf ein Buch des Psychotherapeuten Michael Lukas Moeller (1937–2002). Er hatte eine Selbsthilfemethode für Paare entwickelt, die er „wesentliches Zwiegespräch“ nannte. Seine Idee kann jede Ehe in die „kleinste Selbsthilfegruppe der Welt“ verwandeln, wenn die Partner miteinander reden.
Wir erklären Euch erst das Konzept, das in seiner vollen Form durchaus anspruchsvoll ist. Danach schlagen wir für einen leichteren Start ein „Zwiegespräch light“ vor.
Das klassische „Zwie“ hat folgende Regeln:
- Ihr beide vereinbart einmal in der Woche einen Termin, für den Ihr 90 Minuten einplant.
- Jeder von Euch spricht jeweils 15 Minuten und erzählt von sich: Was Dich gerade bewegt, was Du erlebt hast, wie Du Ereignisse bewertest, was Du Dir wünschst, was Dir zurzeit Angst macht, etc.
- Der Andere darf dabei nicht unterbrechen. Allenfalls Verständnisfragen sind erlaubt. Streng verboten ist jedweder Kommentar, Widerspruch oder sonstige Anmerkungen.
- Alle 15 Minuten wird gewechselt, es kommt also jeder dreimal dran.
- Wer die Zeit nicht ausschöpft, schweigt. Der Partner schweigt mit.
- Nach 90 Minuten endet das „Zwie“ – es sollte nie verkürzt und nie verlängert werden. Nachfolgende Diskussionen und Gespräche sind zu vermeiden.
Mehr Nähe – auch körperlich
Die Übung hat gleich mehrere Vorteile. Fangen wir bei einem überraschenden Vorteil an: Ihr lernt das Zuhören. Anstatt wie sonst häufig üblich mit einer schnellen Antwort Gesagtes zu parieren, müsst Ihr die Worte des Partners oder der Partnerin einfach auf Euch wirken lassen und verarbeiten. Das ist ungeheuer lehrreich.
Gleichzeitig stärkt das „Zwie“ die Selbstwahrnehmung. Beim Erzählen sortieren sich meine Gedanken, treten unterdrückte Zweifel zutage, kommen Motive ans Licht, die mir nicht bewusst waren. Und es ermöglicht ein Gespräch, das über die Bewältigung der Alltagsaufgaben, den Stress mit den Kindern und den Streit über die Hausarbeit hinausgeht. Es schafft Tiefe.
Paarberater berichten, dass das „Zwie“ bei vielen Ehen im Konflikt den Knoten lösen konnte. Verständnis statt Kampf, Entspannung statt Eskalation, Nähe statt Distanz – auch körperlich.
Nun wissen wir, dass eine Übung in dieser Größenordnung bei dem einen oder der anderen inneren Widerstand auslösen kann. Zu lange, zu aufwendig, was sollen wir da reden, halte ich Schweigephasen überhaupt aus?
Miteinander Reden – im „Zwiegespräch light“
Obwohl wir von der starken Wirkung der Originalübung überzeugt sind, schlagen wir Euch dennoch zum Einstieg ein „Zwiegespräch light“ vor. Beim Miteinander Reden gelten die Regeln alle wie oben beschrieben – mit einer Ausnahme: Ihr könnt die Zahl der Zyklen verkleinern. Also: Wenn anfangs nicht jeder drei Mal 15 Minuten sprechen will, dann versucht es mit zwei Mal 15 Minuten. Und wenn selbst das zu viel sein sollte, dann eben nur ein Mal 15 Minuten.
Was viel wichtiger ist Regelmäßigkeit! Die Übung entfaltet ihre volle Wirkung nur, wenn Ihr sie jede Woche macht. Wenn also das „Zwie“ zumindest für ein paar Monate zu einer gängigen Praxis in Eurer Lebensgemeinschaft wird. Wenn Ihr Euch sozusagen verlässlich „updatet“, wie es in Eurem Inneren aussieht. Und vielleicht habt Ihr nach einem Start mit weniger Gesprächszyklen schnell Lust, das volle Programm auszukosten.
Einfach mal ausprobieren
Eine Zeitlang haben wir in unserer Ehe dieses „Zwie“ praktiziert, und es hat uns wahnsinnig gutgetan. Dass wir dann wieder damit aufgehört haben, liegt nicht daran, dass es nichts mehr gebracht hätte. Wir hatten eher den Eindruck, dass es nicht mehr so notwendig war, weil durch die Übung mehr Gespräche mit Tiefgang selbstverständlicher Teil unserer Beziehung wurden – auch ohne Verabredung. Aber jetzt, wo wir darüber schreiben … vielleicht sollten wir mal wieder … 😉
Wie bei fast allen unserer Tipps gilt: Probiert es aus. Verlieren könnt Ihr dabei nichts außer ein bisschen Zeit. Gewinnen könnt Ihr mehr Glück, mehr Zufriedenheit, mehr Intimität. Das sollte einen Versuch wert sein.
Weitere Anregungen, Eure Beziehung zu vertiefen, findet Ihr in diesem Blogbeitrag. Und natürlich in unserem einzigartigen Ehe-Ratgeber „Das Emma-Prinzip„.
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