Die romantische Liebe ist in der Weltgeschichte ein junges Phänomen. Kulturgeschichtlich sprechen wir erst im 19. Jahrhundert von der Romantik. Dass sich zwei Menschen (am besten auf den ersten Blick) unsterblich ineinander verlieben, dann heiraten und miteinander das Paradies auf Erden bebauen und bewahren – an so etwas hat in früheren Jahrhunderten kaum ein Mensch geglaubt. Ehen wurden arrangiert (was in weiten Teilen der Erde übrigens bis heute der Fall ist). Mann und Frau, auf diese Weise zueinandergezwungen, mussten und müssen lernen, das Beste daraus zu machen. Manchen gelang das besser, anderen überhaupt nicht.
Auf einer Gefühlsskala von 0 bis 10 gehen die arrangierten Partnerschaften wenig über 0 in die Ehe, die romantisch verliebten wenig unter 10. Und damit ist auch klar, wer in den ersten Jahren höchstwahrscheinlich die größeren Enttäuschungen erlebt. Das sind die Romantiker. Sie steigen im Hochgefühl in den Bund fürs Leben ein und entdecken mit der Zeit, wie schwierig der Partner sein kann und wie kompliziert es ist, die. Kohlen der Romantik am Brennen zu halten.
Romantik ist schöner
In den arrangierten Ehen ist es umgekehrt: Am Anfang stehen geringe Erwartungen und mehr Ängste und Sorgen. Es folgt das Bemühen, dem Anderen ein guter Ehepartner zu sein – und siehe da, aus einer vertraglichen Lebensgemeinschaft zweier Fremder entwickelt sich häufiger als erwartet eine tragfähige Liebesbeziehung.
Machen wir mit diesen Beobachtungen nun Werbung für arrangierte Ehen? Nein, überhaupt nicht. Romantik ist viel schöner, und die Entscheidung für den Partner fürs Leben hätten wir um nichts in der Welt aus der Hand geben wollen.
Blendende Gefühle
Der Punkt hier ist ausschließlich folgender: Lasst Euch von Euren romantischen Gefühlen nicht blenden. Sie sind wundervoll und stellen sich auch in einer jahrzehntelangen Ehe immer wieder ein. Aber sie sind nicht die ganze Geschichte. Die Wahrheit ist: Jede Ehe erlebt völlig unromantische, ärgerliche und verletzende Phasen. Paare in arrangierten Ehen erwarten nichts anderes. Wir Romantiker müssen erst lernen, damit konstruktiv umzugehen.